Wo Fuchs und Hase sich gute Nacht sagen

 In einem Dschungel wie dem Theaterhain, wird auch der erfahrenste Jäger nicht auf Anhieb fündig werden. Vielversprechende Klappentexte, Rezensionen und Inhaltsangaben führen den Jäger gerne auf den Holzweg. „Nimm mich, nimm mich…“, flüstert es von allen Seiten, „ich bin gut, mich kannst Du besetzen, ich bringe Dir viele Zuschauer…“. Doch beim Anlesen zeigt sich schnell, dass ein Stück nicht halten kann, was es verspricht, dass es sprachliche oder inhaltliche Mängel hat, nicht zu besetzen oder zu produzieren ist. Jetzt ist Selbstdisziplin gefragt, denn wer sich zu lange im Unterholz dieses Wortgestrüpps aufhält, der wird sich festlesen, sich im riesigen Angebot verzetteln, sein Ziel aus den Augen verlieren und auf Nimmerwiedersehen im Textdschungel untertauchen.

Der Jäger kennt diese Gefahren. Seine Sinne sind aufs äußerste gespannt, denn er weiß, dass irgendwo in diesem Dickicht sein Stück wartet. Ungeduldig tritt es von einem Bein aufs andere, hoffend, dass es der Jäger endlich bemerkt. Vielleicht ruft es sogar nach dem Jäger. Doch es ist schwer, im immerwährenden Rauschen des Blätterwalds diese eine Stimme herauszuhören. Manchmal spielt er mit dem Gedanken aufzugeben, alles hinzuschmeißen. Und dann steht es plötzlich vor ihm auf dem Weg. Ist vielleicht schon lange da gestanden. Er hat es im Textgewirr nur nicht gesehen, so wie man gelegentlich den Wald vor lauter Bäumen nicht sieht. Jetzt aber sehen sie sich an, taxieren sich. Der Jäger überlegt. Das Stück gefällt ihm. Aber kann es seine Truppe technisch und finanziell stemmen? Kann es besetzt werden? Ausschlaggebend für unsere Jägerin ist schließlich ein Kriterium: Wenn sie ein Stück liest, kann sie ihre Schauspieler „hören“? Kann sie sie in den Rollen „sehen“? Falls nein, geht die Suche von vorne los. Doch in diesem Fall hat sie Glück – Stück und Jägerin haben sich gefunden.

 

Aufbruch

Zurück im Lorbeerwald, scheucht die erfolgreiche Jägerin – jetzt wieder Regisseurin - ihr Ensemble von den Lorbeeren hoch und versammelt sie auf der Besetzungscouch. Sind alle mit dem Stück einverstanden, geht es an die Verteilung der Aufgaben. Es muss immer wieder aufs Neue festgelegt werden, wer bei der bevorstehenden Reise eine Hauptrolle und wer eine unterstützende Rolle spielt, um die Bürde auf möglichst viele Schultern zu verteilen. Ist ein Stück gut gewählt, ist es weniger die Entscheidung der Regie, als die des Stückes selbst, welches Ensemblemitglied welche Aufgabe übernehmen muss. Jetzt wird auch festgelegt, wie lange die Reise dauern wird, sprich, wann die Aufführungen sein werden. Und dann geht es los.

 

Wie die Reise vonstattengeht, erfahren Sie in unserem demnächst beginnenden Reisetagebuch! Bleiben Sie dran, wir wissen selbst auch nicht, was noch passieren wird, aber es wird bestimmt spannend.

 

Übrigens: Wussten Sie eigentlich, dass Amors Pfeile unsichtbar sind? Sähe ja auch komisch aus, wenn Millionen Menschen mit Pfeilen im Herzen herumliefen…


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Kommentare: 1
  • #1

    Reinhold (Sonntag, 28 August 2011 12:28)

    Die "Jagd im Theaterhain" gefällt mir als Wortbild ausgesprochen gut. Eine fabelhafte Beschreibung, wie man zu einem passenden Stück kommt.
    Bin schon gespannt wie es weiter geht.....;)