Das Probenwochenende: Von Schokolode und Werwölfen

Ist es Einbildung, oder ist es dieses Mal besonders schnell vorbeigegangen, unser Probenwochenende? Obwohl es am Montag, auf dem Weg zur Arbeit so schien, als wäre man nicht nur ein Wochenende sondern eine Woche weg gewesen.

Wir haben uns dieses Mal den "Goldnen Stern" in Muggendorf ausgesucht; dort kennt man uns noch nicht. Der Raum, in dem wir proben, befindet sich in einem separaten Gebäude. Das ist gut so, denn so sind wir ungestört und stören niemanden.

Warum dieser Aufwand? Warum sich extra in einem Hotel einmieten? - Weil wir uns am Probenwochenende ganz auf uns und unser Stück konzentrieren können. Und am Abend nicht auseinanderlaufen und wieder in unsere Alltagswelten eintauchen. Probenwochenenden zuhause funktionieren nicht. Irgendeiner muss immer früher weg weil die Katze Geburtstag hat, die Schwiegereltern kommen oder der Rasen gemäht werden muss.

Nach einer "Aufwärmprobe" am Freitagabend, schließt sich am Samstag ein Marathon an: Vormittags Durchlauf ganzes Stück. Nachmittags Einzelszenen, abends: Durchlauf ganzes Stück. Insgesamt 9 Stunden. Das hält man nur durch, wenn man die Zeit zwischen den Mahlzeiten mit viel Kaffee, Süßigkeiten, Obst und Knabberzeug überbrückt.

Trotzdem bleibt Zeit für Atempausen, die einen machen Mittagsschlaf, andere gehen Schwimmen oder erstürmen einen Berggipfel. Leider ist oben der Aussichtspavillon gesperrt. Da man besagten Pavillon vom Probenraum aus sehen kann – hoch, sehr, sehr hoch auf dem Berg, geben die Bergsteiger ordentlich an: "Guckt, da oben waren wir, ganz da oben."

 

Samstagabend: Vollmond. Auf dem Weg zum Probenraum erklärt Stephan, dass er auf jeden Fall vor Mitternacht auf dem Zimmer sein müsse, da er sich sonst in einen Werwolf verwandeln würde…

Der abendliche Durchlauf durch das ganze Stück wird in Rekordzeit absolviert – das ist kein "Durchlauf" mehr, das ist Formel-1-verdächtig. Liegt es an der Angst vor Stephans drohender Verwandlung oder an der Aussicht auf ein Glas Sekt nach der Probe? Ungehört verhallen die Mahnungen der Regie, dass "schnell spielen" nicht schnell sprechen bedeutet.

Während der anschließenden Sektvernichtung, verlässt uns Stephan, der Werwolf, verdächtig unauffällig, kurz vor Mitternacht. Auf unserem Rückweg zum Hotel über den ausgestorbenen Marktplatz von Muggendorf, verdecken Wolkenfetzen immer wieder den Vollmond. Es ist eiskalt, Nebel liegt in den Gassen, ein paar Schneeflocken fallen…und in der Ferne, das Heulen eines – Hundes? Uns wird unheimlich. Schnell legen wir die 40 Meter zwischen beiden Häusern zurück und schließen aufatmend unsere Zimmertüren.

Sonntag: Am Frühstück müde Gesichter und schwere Augenlider. Zwei Schauspieler fehlen, können aber später unversehrt aufgetrieben werden. Um 9.00 Uhr geht es mit den Proben weiter. Nach gefühlten fünf Litern Kaffee pro Person kommen wir langsam in Fahrt. Die Probe läuft sehr gut, das Timing stimmt und das Tempo auch. Vielleicht liegt es an der Erschöpfung, vielleicht geht es heute nicht mehr so schnell wie gestern. Um 13.00 Uhr ist dann endgültig Schluss. Ein Häufchen Unentwegter, die sich einfach noch nicht auseinander gehen wollen, bleiben zum Mittagessen. Dann ist endgültig Schluss. Heimreise und Alltag warten. Und nicht nur einem in der Truppe war das Probenwochenende zu kurz…

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