Die Frage steht manchmal schon vor der Premiere im Raum, auf jeden Fall aber wenn ein Stück abgespielt ist:
Was machen wir als nächstes?
Nachdem wir ein Stück pro Jahr herausbringen, darf die Pause nach der Spielzeit nicht zu lang werden, diese Zeit fehlt sonst für die Proben. Also macht sich die vorausschauende Regie über ein neues Stück Gedanken, wenn das „alte“ noch nicht einmal auf der Bühne ist. Schon im Herbst als die Lampenfiebersümpfe noch weit entfernt waren, machte sie – unbemerkt von der Truppe – den einen oder anderen Abstecher in den Blätterwald. Dort herrscht in der Theatersektion immer noch das gleiche Chaos, Stücke, wo das Auge hinschaut und Rufe „Nimm mich, nimm mich!“, wo das Ohr hinhört. Bloß - wo versteckt sich „unser“ Stück?
Im Laufe des Jahres haben Shakespeare’s „Lustige Weiber von Windsor“ ziemlich aufdringlich um die Aufmerksamkeit der Regie gebuhlt. Die gibt es in unzähligen Übersetzungen und Fassungen. Zwei davon fanden ihren Weg zur Regisseurin. Doch die eine ist so gekürzt, dass das Stück kaum mehr zu erkennen ist. Die andere ist zwar vollständiger, aber die Handlung hatte man als, nun ja, etwas flotter, in Erinnerung. Ist wohl doch nicht die Zeit dafür. Sehr gut kommt dagegen Shakespeare’s „Was Ihr wollt“ an. Ein langgehegter Inszenierungstraum. Eine aberwitzige Verwechslungsgeschichte, ausgelöst durch ein Zwillingspaar und den Tausch von Geschlechterrollen. Der Nachteil: das spielen sie zur Zeit am Staatstheater, es hat nur drei Frauenrollen und viel zu viele Männerrollen. Für uns derzeit nicht zu besetzen.
Dann überlagert der Stress vor den Aufführungen und natürlich die Spielzeit alles. Keine Zeit, ein Stück zu suchen und im Regisseurinnenhirn eine Waschmaschine, die kaum einen Gedanken zulässt, der nichts mit dem aktuellen Stück zu tun hat. Doch es ist eine Erfahrungstatsache: spätestens eine Woche nach den Vorstellungen, wenn wir uns wie üblich im Sportheim treffen, blicke ich in mindestens 10 hoffnungsvolle Gesichter. Und bis jetzt habe ich ihnen nichts anzubieten.
Da sagt Ute beim Aufbau der Bühne „Wir sollten „Figaros Hochzeit“ spielen, der Bühnenbildner, habe beim Aufbau erzählt, er habe eine Bühne dafür. Und während das aktuelle Stück läuft und die Regie nichts mehr zu tun hat, außer zu genießen, springt die Regisseurswaschmaschine im Hirn stufenlos vom Schleudergang auf das nächste Programm um: Stückauswahl und Besetzung. „Figaros Hochzeit“? Gar keine schlechte Idee. Beaumarchais‘ Komödie, aus der späten zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts hat Theatergruppe Siemens Erlangen schon zweimal produziert – das letzte Mal mit der jetzigen Regisseurin als „Susanna“. Aber das ist schon ewig her.
Ich lasse mir also den Text kommen. Besetzen können wir es gerade so. Und die Waschmaschine dreht sich: Dekoration wäre also da. Rokoko-Kostüme! Schön, aber teuer. Perücken? Schwierig, aber es wird uns was einfallen. Kann ich es besetzen? Wenn ja, wer macht was? Wer passt vom Alter, vom Typ…? Eigentlich möchte ich, dass die jüngeren Schauspieler im nächsten Stück mehr Verantwortung übernehmen, sie sind schließlich die Zukunft, sie brauchen Erfahrung in Hauptrollen. Doch wie sage ich es meinen bewährten „älteren“ Spielern?
Da macht plötzlich ein zweites Stück auf sich aufmerksam. Eine völlig abgefahrene Boulevardkomödie. Ich habe sie 2001 in London gesehen und seither will ich sie inszenieren. Das war bis jetzt nicht möglich – aus technischen und Besetzungsgründen. Und weil dieses Ding noch schneller gespielt werden muss als die „Elfe“. „Das könnt Ihr jetzt“ sagt mein Mann…Ich bestelle mir den Text. Wir können das Stück besetzen, es gibt allerdings eine Männer- und eine Frauenrolle zu wenig. Und der Figaro lässt sich nicht so einfach aus dem Regisseurshirn vertreiben. Doch nicht von so einem hergelaufenen modernen Stück! Schließlich hat er ein paar hundert Jahre Erfahrung im gespielt werden (wollen).
Bleiben Sie neugierig!
Fortsetzung folgt...
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