Es war ein wirklich schöner Ausflug nach Sommerach an einem wunderbaren Herbsttag – der Höhepunkt einer reichlich aufregenden Zeit.
Anders als geplant, mussten wir in den letzten Wochen vor unserer Aufführung des "Streichquartett" von Szöke Szagall die Proben am neuen Stück einstellen und uns ausschließlich auf das Streichquartett konzentrieren. Das Stück war auf drei Positionen neu besetzt – und 14 Tage vor der Aufführung kam der Gipfel: einer der neuen Mitspieler, ein Gast, stieg aus und die neu besetzte Position musste nochmals neu besetzt werden. Normalerweise gehen einer Amateurtheatergruppe da ganz schnell die Männer aus – und auch wir dachten daran, die Rolle kurzerhand auf "weiblich" umzudrehen. Hätte eben die Regisseurin spielen müssen. Und just in diesem Moment schneit uns ein neuer Interessent herein! Er war sofort bereit, die nicht sehr kleine Rolle des "Meier I" zu übernehmen. In nur vier oder fünf Proben schaffte er sich die Rolle drauf und spielte sie fabelhaft. Danke, Klaus!
In Sommerach wurden wir von den Veranstaltern Herrn und Frau Denecke äußerst herzlich aufgenommen. Das ist gar nicht selbstverständlich, denn wir sind heftig. Wir sind viele, und wir machen uns mit unseren Requisiten, Möbeln, Kostüme, Kaffeetassen und viel Naschzeug breit. Laut sind wir auch, alles schreit durcheinander, jeder sucht etwas oder jemanden und niemand hört auf die Regie.
Bis die erste Bühnenprobe losgehen kann, herrscht also Chaos. Auch danach gelegentlich. Wir beratschlagen, wie wir das Stück an die Bühnenverhältnisse anpassen. Von wo treten wir auf, wie sind dann die Stichworte? Die Schauspieler müssen mit anderen Abmessungen klarkommen und mit widersprüchlichen Anweisungen der Regie bezüglich Auftritten und Gängen. Was nicht so schlimm ist, weil jeweils die Hälfte ohnehin nichts mitbekommt. Statt brav zusammen- und in der Nähe der Regisseurin zu bleiben, falls sie gebraucht werden, sind einige der Schauspieler im Kellergewölbe verschwunden, angeblich, um sich umzuziehen, aber da unten steht auch Kuchen! Andere basteln an der Dekoration, wieder andere sind zum Luft schnappen, sprich, Rauchen, vor der Tür.
Schließlich ist es aber doch soweit, nach nur einer Stunde Chaos beginnt die erste Probe. Und hier zeigt sich jetzt, dass die eine Tür in den Nebenraum zu eng ist, wenn vier Schauspieler ab- und zwei auftreten sollen. Also brauchen wir doch Auftritte durchs Publikum. Große Diskussion: wann, wie und wo versteckt man sich vor neugierigen Zuschaueraugen?
Als die Damen des Streichquartetts "Da Capo" eintreffen, um sich einzuspielen, räumen wir die Bühne. Ein Teil geht in den Ort Abendessen, ein Teil lüftet den rauchenden Kopf bei einem Abendspaziergang in den Weinbergen aus.
Und ab 19.00 Uhr herrscht nur noch Professionalität. Schauspieler werden geschminkt, Schuhe geputzt, Kostüme zurecht gezupft, Haare gestylt. Einige gehen nochmals den Text durch. Jetzt herrscht gespannte Ruhe. Rechtzeitig sind alle fertig und warten auf ihren Auftritt.
Die Vorstellung ist gut besucht, obwohl man vor 14 Tagen befürchten musste, dass nur sehr wenige Zuschauer kommen würden. Doch nachdem Deneckes in Sommerach und wir in Erlangen kräftig die Werbetrommel gerührt hatten, wurde der wunderschöne Raum doch voll. Auf den Tischen und Mauervorsprüngen brennen jetzt Kerzen und Teelichter.
Die Vorstellung läuft wunderbar, die Spielfreude der Schauspieler reißt das Publikum mit. Aber das Stück ist auch einfach gut! Größere Pannen bleiben aus, sieht man davon ab, dass eine Seite übersprungen wurde. Zum Glück finden die Schauspieler selbst wieder in den Text. Nur Marlis war etwas traurig. Sie hatte ohnehin so wenig Text und jetzt wurden ihr davon auch noch zwei Sätze geraubt!
So schön der volle Saal ist, so schwierig sind die Auftritte durchs Publikum. Es ist doch ein Unterschied, ob man zwischen leeren Stühlen probt oder sich seinen Weg durch Zuschauer suchen muss, die ihre Stühle so verrückt haben, dass sie das Bühnengeschehen auch gut verfolgen können. Wenigstens entpuppt sich die Befürchtung "die Zuschauer sehen uns doch, wenn wir hier hinten auf unseren Auftritt warten" als gegenstandslos. Keiner blickt nach hinten, schließlich spielt die Musik vorne. Deshalb sind viele auch überrascht, als plötzlich Schauspieler auf ihrem Weg zur Bühne neben ihnen auftauchen!
Nach schönem Applaus und der Pause, in der wir die Bühne leer räumen und bereits erste sperrige Teile wieder in den Autos verstauen, folgt die Stunde der Damen von "Da Capo". Ging es in unserem Stück darum, das Spielen aufgrund von Unkenntnis und Talentlosigkeit tunlichst zu vermeiden, sieht und hört man hier, wie "Streichquartett" richtig geht.
Das Streichquartett spannt den Bogen von Mozart über den argentinischen Tango bis zu Klassikern der Neuzeit wie "My Way" - zum Wegträumen schön!
Meine Damen, herzlichen Dank für Ihren Teil der Veranstaltung – und für die schöne Idee, mit uns gemeinsam wieder einmal einen Abend zu gestalten.
Last but not least bedanken wir uns ganz herzlich bei Herrn und Frau Denecke für einfach alles – für die freundliche Aufnahme, den schönen Rahmen (ein kulturelles Schatzkästlein, wie jemand aus der Gruppe sagte) und für die Gelegenheit dort spielen zu dürfen.
Wie gut der Abend gefallen hat zeigte sich nicht zuletzt daran, dass niemand heimgehen wollte. Zuschauer, Veranstalter und Akteure saßen noch lange nach der Vorstellung gemütlich zusammen.
Kommentar schreiben